Marianum

Zwei Jahre nach der Gründung der Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe in Wien (1868) kamen die Schwester dieser Ordensgemeinschaft nach Opava, um hier für mittellose Mädchen und Waisen zu sorgen. In Opava entstand so die erste Niederlassung der Kongregation in den böhmischen Ländern. Die Schwestern bewohnten zunächst ein Haus auf dem heutigen Fischmarkt. Dieses wurde 1887 umgebaut und umfasste die Klausur, das Marianische Institut, eine Volksschule und eine Kapelle. Es reichte aber für die Aktivitäten der Kongregation schon bald nicht mehr aus. Das Gebäude sollte später zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden. Nach dem Krieg gehörte es dem Schlesischen Theater und viele Einwohner von Opava können sich noch gut an den Theaterklub erinnern, der hier einst untergebracht war.

Einen neuen Zufluchtsort fanden die Schwestern auf dem Gilschwitzer Hügel, an der Stelle der heutigen Roosevelt-Straße, wo auf den fürstlichen Wiesen und Feldern nach und nach ein ganzes Neubauviertel entstand. Unter der Äbtissin Stanislava Fuss wurde hier zwischen 1907 und 1909 nach den Plänen der Architekten Alois Geldner und Adalbert Bartl ein großes, Marianum genanntes Kloster errichtet. Dieses war in zwei Teile gegliedert – im ersten Teil befand sich ein Altersheim, der zweite Teil diente den jungen Frauen, die in der Stadt Arbeit suchten, als Unterkunft. Ferner befanden sich hier ein Waisenhaus und ein Mädcheninternat, das später in eine Hausfrauenschule umfunktioniert wurde. Der Erste Weltkrieg legte die Aktivitäten des Klosters lahm und die Klostergebäude dienten u. a. als Lazarett, in dem während des Krieges ungefähr zehntausend Soldaten behandelt wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg, als die Schwestern auch die Pflege geisteskranker Kinder übernahmen, fanden die Klostergebäude eine neue Nutzungsmöglichkeit. Während der deutschen Besetzung und des Zweiten Weltkriegs arbeitete das Kloster weiter, sein Alltagsbetrieb wurde aber stark behindert, vor allem in der Zeit der Flugangriffe. Von den Veränderungen in der Nachkriegszeit war der Auszug des Altersheims in den 1960er Jahren besonders wichtig. Dadurch wurden die Kapazitäten für die Pflege geisteskranker Kinder frei und das Marianum wurde zur damals größten Sozialpflegeanstalt in den böhmischen Ländern.

Das Kloster besteht aus zwei symmetrischen, selbständigen, dreigeschossigen Gebäuden, die durch eine zentral gelegene, pseudoromanische Kapelle verbunden sind. Die Hauptfassade mit Bossenwerk im Erdgeschoss und Halbrundfries am Hauptgesims ist durch ein flaches Risalit gegliedert, dessen Abschluss ein dreieckiger Giebel mit den Figuren des heiligen Joseph (rechts) und der Madonna mit Jesuskind (links) bildet. Die Statuen sind ein Werk des Bildhauers Adolf Köhler aus Opava. Die dreischiffige Herz-Jesu-Kapelle ist mit einer Kuppel abgeschlossen, die sich auf einem zylindrischen Tambour befindet. Die Hauptfassade der Kapelle ist mit einem Rosettenfenster geschmückt, über dem sich eine Christusstatue mit Heiligenschein und offenen Armen befindet. Das Hauptschiff mit zwei Seitenkapellen ist mit einer halbkreisförmigen Apsis abgeschlossen. Die Arkaden zwischen dem Hauptschiff und den Nebenschiffen tragen Emporen. Alle Schiffe haben eine Kassettendecke. Die ursprünglich weiß getünchte Kapelle wurde zwischen 1923 und 1930 mit Fresken im Beuroner Stil ausgeschmückt, deren Maler der Benediktinermönch Antonín Vrbík war. Der Beuroner Stil orientiert sich an der byzantinischen Kunst und kombiniert goldene Flächen und Figurendarstellungen mit typischen Farben und strenger Linearität. Die Ausnahmestellung der Kapelle und vor allem deren Wandmalereien besteht nicht nur im guten Erhaltungszustand, sondern auch in der relativen Einmaligkeit solcher Ausschmückung in den böhmischen Ländern.