Landesarchiv

Der umfangreiche Gebäudekomplex, der die St.-Adalbert-Kirche am Niederring umgibt, ist heute Sitz des Landesarchivs, des drittältesten und zugleich drittgrößten Staatsarchivs in der Tschechischen Republik. In den Räumen dieses fast dreihundert Jahre alten Bauwerks waren zudem gleich mehrere bedeutende Institutionen untergebracht.

Das Gebäude des Landesarchivs ist untrennbar verbunden mit dem Jesuitenorden, der in den 1620er Jahren von Fürst Karl I. von Liechtenstein nach Opava eingeladen wurde. Nach dem Bau der barocken St.-Georg-Kirche (später St.-Adalbert-Kirche) an der Stelle einer alten gotischen Kirche in den 1670er Jahren bauten die Jesuiten zwischen 1711 und 1713 auch das Gebäude des Gymnasiums und des Kollegs um. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass hier eine Zeit lang Bohuslav Balbín wirkte und dass der Komponist Josef Vejvanovský einer der Schüler des hiesigen Gymnasiums war. Der neue Gebäudekomplex mit einem großen, an der Kirche anliegenden Garten wurde von den Architekten Hans Georg Hausrucker und Josef Ried entworfen. Der Nordflügel, in dem das lateinische Gymnasium untergebracht war, wurde erst 1730 vollendet. Das barocke, kompakt wirkende Bauwerk hatte eine Fassade mit regelmäßig angeordneten Pilastern und rechteckigen Fenstern und wurde durch einen durchgehenden Gang mit zum Hof ausgerichteten Fenstern verbunden. Die Geschosse hatten barocke Tonnengewölbe mit Lünetten. Der Ostflügel mit einem dreiachsigen Risalit war ursprünglich mit einem niederen, dreieckigen Giebel abgeschlossen.

Nach der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahr 1773 wurden die Gebäude frei, nur das Gymnasium, an dem bis 1821 einige der alten jesuitischen Lehrer unterrichteten, blieb erhalten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zählten zu den Schülern des Gymnasiums einige bedeutende Persönlichkeiten, z. B. der Gründervater der Genetik Johann Gregor Mendel, der Komponist Pavel Křížkovský oder der Arzt und Politiker Hans Kudlich. Obwohl es eine deutsche Schule war, zählten zu den Mitgliedern des Lehrerkorps auch einige Repräsentanten der tschechischen Nationalbewegung, z. B. Antonín Vašek, Jan Lepař oder Vincenc Prasek. In dem Gebäude waren auch das 1814 gegründete Gymnasialmuseum – das älteste Museum auf dem Gebiet der Tschechischen Republik –, und die Gymnasialbibliothek untergebracht.

Die veränderte Nutzung des Gebäudes verlangte nach deren Adaption und räumlicher Reorganisation. Zwischen 1813 und 1815 wurde der gesamte Komplex nach den Plänen von Anton Englisch klassizistisch umgestaltet. Zugleich wurde ein neues, repräsentatives Treppenhaus errichtet, das zum Tagungsraum des Schlesischen Standeskonvents führte, der hier zu Beginn des 19. Jahrhunderts tagte. Seitdem wurde das Bauwerk auch von dem Landesarchiv genutzt, das hier bis zum Zweiten Weltkrieg untergebracht war. 1820 wohnte hier während des Troppauer Kongresses der Heiligen Allianz der österreichische Kaiser Franz I.

Durch die Abtrennung von Mähren wurde Schlesien 1850 wieder ein autonomes, selbstverwaltetes Land, das außer der Landesregierung auch einen Landtag hatte. Dieser entstand 1861 und hatte 31 Abgeordnete, für deren Beratungen gerade das ehemalige Jesuitenkolleg vorgesehen war. Folglich heißt die anliegende Straße heute Sněmovní-Straße. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Gebäude wiederholt hergerichtet. Ein zweites Treppenhaus, der Portikus am Haupteingang und der Aufbau des Attikageschosses wurden gebaut und der Nordflügel wurde verkürzt, um Platz für die vorbeifahrenden Straßenbahnen zu machen. Zugleich wurde eine zum Niederring ausgerichtete Giebelwand errichtet.

In der Zwischenkriegszeit befand sich im Gebäude auch die Bibliothek des Bürgervereins Matice opavská. Während der deutschen Besetzung wurde das Bauwerk von den deutschen Besatzungsbehörden genutzt. Seit 1950 wurde das Gebäude wieder von dem Landesarchiv genutzt. Dieses musste das Gebäude zunächst mit dem Museum teilen, aber später wurde es zu dessen ausschließlichem Nutzer.

Der Einsturz des Westflügels, durch den auch einige Archivalien zerstört wurden, erzwang eine mehr als zehn Jahre dauernde Rekonstruktion, die zusammen mit den gesellschaftlichen Veränderungen nach 1989 eine neue Etappe in der Entwicklung des Archivs eröffnete. Heute verwaltet das Landesarchiv in Opava zusammen mit seiner Filiale in Olomouc Dokumente mit Bezug auf Schlesien und den ehemaligen Nordmährischen Bezirk. Die staatlichen Kreisarchive in der Mährisch-Schlesischen und der Olmützer Region sind ihm unterstellt.