Hedwigskirche

Nach der 1891 erfolgten Aufhebung des städtischen Friedhofs zwischen der heutigen Hana-Kvapilová-Straße und der Bochenkova-Straße, der seine Funktion fast hundert Jahre lang erfüllte und an diese Stelle nach dem Verbot, die Verstorbenen innerhalb der Stadtmauern beizusetzen, von dem Gelände des heutigen Schlesischen Theaters übertragen worden war, wurde die Frage nach der weiteren Nutzung des frei gewordenen Geländes gestellt. Drei Jahre später äußerte der Konsistorialrat und Lehrer an der hiesigen Realschule Johann Eichler den Wunsch, an der Stelle des aufgehobenen Friedhofs eine einfache, gotische Kirche zu errichten und sie der heiligen Hedwig zu weihen. Er richtete eine Stiftung zum Bau und Betrieb der neuen Kirche ein und stiftete persönlich Wertpapiere im Wert von fünftausend Gulden. Der Bau sollte jedoch erst dreißig Jahre später in einer völlig anderen Situation realisiert werden.

Bereits während des Ersten Weltkriegs, in dem viele Soldaten aus Westschlesien gefallen waren, wurde beschlossen, die neue Kirche als Denkmal für diese Gefallenen zu konzipieren. 1927 schrieb das Komitee, in dem die bedeutenden Persönlichkeiten aus Opava vertreten waren, den Wettbewerb um das Projekt der neuen Kirche aus. Eine der Bedingungen war, dass der Architekt aus Schlesien stammen oder in Schlesien leben musste. Gewinner des Wettbewerbs wurde 1932 der in Krnov geborene Wiener Architekt und Mitbegründer der Wiener Secession Leopold Bauer, der schon früher in Opava bedeutende Bauwerke entworfen hatte: das Kaufhaus Breda & Weinstein sowie das Gebäude der Handels- und Gewerbekammer, das heute das Petr-Bezruč-Kulturhaus beherbergt. 1933 wurde der Grundstein gelegt und bis zum Jahresende wurde auch der Rohbau vollendet. Die Arbeit am Interieur und am Turm dauerte jedoch einige Jahre und die Kollaudation fand erst 1937 statt. Der Verzug bei der Vorbereitung und Realisierung des Baus werden auf die Probleme mit der Finanzierung zurückgeführt.

Der Grundriss der Kirche entspricht dem lateinischen Kreuz, die Balken werden durch Seitenkapellen gebildet. Der vierundfünfzig Meter hohe Turm ist mit einem Baldachin und einem Kreuz abgeschlossen und wird gemeinsam mit der Haupt- und Seitenfassade durch die Konstruktionspfeiler aus Eisenbeton rhythmisiert. Die Stirnseite trägt einen lateinischen, aus Beethovens „Missa solemnis“ entlehnten Text. Bauers „musikalische“ Architekturauffassung ist auch an der Farbgebung zu erkennen. Die Seitenkapelle zu Ehren der gefallenen schlesischen Soldaten ist symbolisch in Dunkelblau, Violett und Schwarz gehalten und diese Farben sollen auf Beethovens Trauermarsch hindeuten. Ein musikalisches Thema ist auch an dem metallischen Gitter zwischen dem Vorraum und dem Hauptschiff zu finden. Bauers Entwurf für dieses Gitter arbeitet mit kleinen Kreuzen und evoziert dadurch einen Soldatenfriedhof. Das Gitter wurde von dem Schmied Ludwig Blucha aus Opava hergestellt. Die Ausschmückung des Interieurs wurde ausschließlich lokalen Künstlern überlassen – einerseits um die lokale Dimension des Bauwerks hervorzuheben, andererseits um diese Künstler materiell zu versorgen. Mit der Gestaltung des Hauptaltars, der zehn Reliefs mit Szenen aus dem Leben der heiligen Hedwig zeigt, wurde die Bildhauerin Helene Scholz-Zelezny, die Tochter der Schriftstellerin Maria Stona, betraut. Das Triptychon über dem Hauptaltar wurde von Paul Gebauer gemalt. Es zeigt die Auferstehung Christi, die auf den beiden Seiten von den Figuren der zwölf Apostel begleitet wird. Den Bogen über dem Altar des Hauptschiffs, das im Unterschied zu den Seitenkapellen ein Tonnengewölbe hat, schmückte Gebauer mit dem Motiv der Heiligsten Dreifaltigkeit und der adorierenden Engel. In den Seitenkapellen sind eine Szene aus dem Leben der heiligen Hedwig und ein Fresko mit der Jungfrau Maria als Himmelskönigin zu sehen. Ein anderer lokaler Künstler, Adolf Zdrazila, schuf das heute nicht mehr bestehende Altarbild in einer der Seitenkapellen sowie die Fresken im Eingangsbereich.

Es war eine Ironie der Geschichte, dass die Kirche, die als Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs konzipiert war, kurz vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs vollendet wurde. Statt den religiösen Zwecken zu dienen, wurde die Kirche zu einem militärischen Lagerraum umfunktioniert und ihr Turm wurde von der Luftwaffe als Beobachtungsturm genutzt. Das Kreuz auf dem Turm sollte den Krieg letztlich nicht überstehen und wurde bei einem Flugangriff abgeschossen. Nach dem Krieg wurde die Kirche zwar repariert, konnte aber ihrem Zweck immer noch nicht dienen. Sie wurde stattdessen als Lagerraum der Medizinischen Versorgung genutzt und in ihrem Inneren wurden zu diesem Zweck eine dreigeschossige Holzkonstruktion und ein Lift errichtet. Eine Änderung sollte in diese Entwicklung erst die Revolution von 1989 bringen, die eine Wiederherstellung der Kirche und ihre Adaption zur religiösen Nutzung ermöglichte. 1993 wurde die Kirche anlässlich des 750. Todesjahres der heiligen Hedwig in Anwesenheit des päpstlichen Nuntius eingeweiht. Der lange Weg des Denkmals endete 1999, als auf dem Turm eine Replik des ursprünglichen Kreuzes angebracht wurde.